Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage


Aktionstag an der Realschule auf dem Röddenberg

Osterode. Fast genau vor einem Jahr erhielt die Realschule auf dem Röddenberg vom Verein Aktion Courage e.V. den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Jetzt haben sowohl die Schüler*innen als auch die Lehrkräfte bewiesen, dass sie voll hinter dieser Aussage stehen.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 ereignete sich etwas Erschreckendes, was nie vergessen werden darf: die von den Nationalsozialisten angezettelte Reichspogromnacht, in der der braune Mob jüdische Geschäfte, Einrichtungen und Menschen überfallen hat. Es stellt den Beginn des Abtransports jüdischer Menschen in die Arbeits- und Vernichtungslager dar. Damit hat die Realschule ein erschreckendes Stück Weltgeschichte an diesem Tag in den Mittelpunkt gerückt.

Am tiefsten „tauchten“ die Neuntklässler in dieses Thema ein, da der Nationalsozialismus Gegenstand des Geschichtsunterrichts in diesem Jahrgang ist. Als Experten sind sie an diesem Jahrestag in die 5. bis 8. Klassen gegangen und haben ihre Mitschüler*innen darüber aufgeklärt, was an diesem schicksalhaften Tag vor 85 Jahren passiert ist. Nie war das Gedenken an diesen Tag so wichtig in Anbetracht der heutigen Ereignisse, die Antisemitismus wieder schüren. Bei der Aufbereitung des Materials standen ihnen die Geschichtslehrerinnen Antje Bährens, Christine Ungruh und Anke Ebelsberger zur Seite.

Mehrere Gruppen einer Klasse recherchierten seit Beginn des Schuljahres die Ereignisse rund um die Reichspogromnacht. Viele Unterpunkte wurden dabei thematisiert, zum Beispiel die Frage, wie Deutschland den Weg in die Diktatur genommen hat und Hitlers NS-Ideologie Fuß fassen konnte. Im Mittelpunkt stand dabei die Politik zunächst der Ausgrenzung von Juden, anschließend ihre Verfolgung und Inhaftierung in Konzentrationslagern sowie schließlich die Ermordung sämtlicher Juden und Jüdinnen in Europa.

PowerPoint-Präsentationen, Plakate, Arbeitsblätter und kleine Videos dienten der Wissensvermittlung, wobei die Unterrichtsgestaltung wie der Einsatz von Fragespielen, Gallery Walks und Kreuzworträtseln für viel Abwechslung gesorgt hat. So hatte Nika aus der 9c am Beispiel von Anne Frank und ihrem Tagebuch, ein historisches Dokument aus der Zeit des Holocausts, die Unmenschlichkeit des Systems auf eine persönliche und daher anschauliche Ebene gebracht.

Als die Vorbereitungen nach vielen Wochen abgeschlossen und die Räumlichkeiten gefunden waren, galt es, sich vor die jüngeren Schulklassen zu stellen und ihnen das erarbeitete Wissen verständlich zu vermitteln. Das sei anfänglich gar nicht so leicht gewesen. „Denn wir stehen ja nicht oft vor so vielen Schülern und wollen ihnen etwas Wichtiges mitteilen.“ Aber am Schluss versicherten sie, dass sie die Aktion sehr gerne gemacht hätten und sehr stolz seien, diese Herausforderung gemeistert zu haben. Gerade das enorm positive Feedback der jüngeren Schüler*innen trägt zu diesem Gefühl bei, es „geschafft zu haben“.

Parallel dazu konnte die Realschule Fadi Saad gewinnen, mit den 8., 9. und 10. Klassen Auszüge aus seinem Buch „Der große Bruder von Neukölln“ vorzulesen und zu diskutieren. Diese Veranstaltung wurde durch die Organisation „Bündnis für Demokratie“ gefördert.  Die Begegnung des Berliner Schriftstellers mit den Schüler*innen war einerseits sehr unterhaltsam gestaltet, weil er sie immer wieder persönlich angesprochen hat. Andererseits waren die Formen des sozialen Umgangs miteinander, hier vor allem Vorurteile oder Mobbing, ein zentrales Thema. Als Einstieg wollte er wissen, welche Erfahrungen sein Publikum damit schon gemacht hätten.

So würde keiner einen Deutschen fragen, woher er kommt, sofern er „deutsch“ aussieht, meint Saad. Wenn dagegen jemand vermeintlich „nicht deutsch“ aussehe – wie auch immer das begründet wird – stünden nicht selten Urteile im Raum, die „aus falschen Schubladen“ stammen. Diese Erfahrung habe er, der das Licht der Welt in Berlin erblickte, nicht selten selbst gemacht.

Seine Biographie sei das beste Beispiel dafür, sagt Fadi, wie wichtig ein Schulabschluss und die Berufsausbildung sei. Schließlich könne man jederzeit vergangene Fehler ausbügeln und, wie er, schließlich noch seinen Traumberuf ergreifen. Mit dieser Botschaft schloss sein Vortrag. Anschließend bot er den Schüler*innen die Möglichkeit, in Einzelgesprächen Fragen an ihn zu richten, welche sie sich vor allen anderen nicht getraut haben zu fragen.

Am Ende waren alle Klassen zufrieden mit dem Gehörten, mit dem vermittelten Wissen und den Gesprächen miteinander. An diesem Aktionstag haben die Schüler*innen der Realschule auf dem Röddenberg einmal mehr dafür gesorgt, dass der 9. November 1938 nicht vergessen wird.